Max Verstappen ist bekennender Simracer und fährt teilweise auch an F1-Wochenenden Rennen im Simulator, so auch während des großen Preis von Ungarn 2024, als parallel die 24 Stunden von Spa in iRacing stattgefunden haben. Verstappen nahm sowohl am Ungarn Grand Prix teil, als auch am 24 Stunden-Rennen, durch das er noch nach drei Uhr wach gewesen sein soll.
Was geschah beim F1 Grand Prix von Ungarn?
Verstappen war in Ungarn ungewohnt fehleranfällig. Während des Rennens stand er zweimal vor der Aufgabe, seinen Rivalen Lewis Hamilton zu überholen. Beim ersten mal wäre ihm das fast gelungen. Hamilton verbremste sich in der ersten Kurve, Verstappen kam besser raus, doch beim Anbremsen für die zweite Kurve fehlte Verstappen jeglicher Grip, er verpasste die Kurve und Hamilton konnte wieder vorbeiziehen. Eine seltene Szene, die für überraschte Gesichter gesorgt haben dürfte. Auch im Anschluss zu dieser Situation kam Verstappen im zweiten Stint nicht an Hamilton vorbei.
Auch im dritten Stint musste Verstappen an Hamilton vorbei. Indes waren in Verstappens Funkverkehr mit seinem Renningenieur die Gemüter erhitzt. Verstappen versuchte ein Manöver in die erste Kurve hinein, blockierte beim Anbremsen jedoch die Räder und flog – im wahrsten Sinne des Wortes – über Hamiltons Vorderreifen. Der dreifache Weltmeister konnte zwar weiterfahren, verlor jedoch zusätzlich eine Position gegen Charles Leclerc und belegte im eigentlich zweitstärksten Auto nur die fünfte Position. Somit verlor er in der Gesamtwertung acht Punkte zu Lando Norris. Auch Red Bull büßt dadurch Punkte in der Konstrukteurspunkte ein, die man mit einem geduldigeren Verstappen geholt hätte.
Schlechte Leistung wegen Simracing?
Bereits während des Rennens sind Diskussionen über Verstappens Leistung aufgekommen und einige Leute, so auch der britische Kommentator David Croft, bezogen auch das Thema Simracing in die Diskussion mit ein, da Verstappen am Vorabend ja noch lange unterwegs war. Doch dies war nicht das erste Wochenende, an dem Verstappen ein 24 Stunden-Rennen nebst seiner Formel 1-Tätigkeiten ausgeübt hat. So fuhr Verstappen einige Rennen vorher die 24 Stunden der Nordschleife – ebenfalls in iRacing – parallel zum Großen Preis der Emilia Romagna in Imola. Verstappen gewann das dortige Rennen, obwohl sich der Red Bull im zweiten Stint sichtlich schwer getan hat, die Reifen auf Pace zu bringen. Und ebendas wird in der aktuellen Diskussion gerne vergessen. Insofern könnte der Ungarn GP durch Verstappens Simracing-Aktivitäten unter leicht erschwerten Bedingungen für den Niederländer stattgefunden haben. Oder aber, sie hatten keinen oder einen zu vernachlässigenden Einfluss auf seine Performance. Vielleicht hat ihn das Rennen sogar ein wenig im Rhythmus gehalten, einen Rennwagen zu steuern, denn Verstappen betont häufig, dass Simracing einen insgesamt positiven Effekt auf seine fahrerischen Fähigkeiten hat.
Woher kam Verstappens Formtief wirklich?
Vorab sei gesagt, dass diese Frage vermutlich nicht klar zu beantworten sein wird und ich in diesem Absatz daher meine eigene Meinung niederschreibe. Red Bull hat in Ungarn ein neues Upgrade-Paket für ihr Auto gebracht, bei dem man die Hoffnung hegte, einen Performance-Sprung nach vorne zu machen, um die verlorene komfortable Führung gegen die anderen Teams wiederzuerlangen – zumindest ein Stück weit. Doch im Qualifying sowie im Laufe des ersten Stints zeichnete sich ab, dass Mclaren weiterhin das stärkere Fahrzeug stellt. Dies dürfte der erste Triggerpunkt sein, bei dem man als WM-Führender ein wenig nervös wird – trotz 84 Punkten Vorsprung zu Norris. Verstappen dürfte in Ungarn realisiert haben, dass der Titel für 2024 trotz des Abstands kein Selbstläufer werden dürfte und er fortan vermutlich nicht mehr im besten Auto sitzen dürfte.
Zudem war die Strategie von Red Bull ein wenig hinderlich für Verstappens Rennverlauf. Beim ersten Stopp wurde er von Hamilton undercutted. In der zweiten Boxenstopp-Phase rutschte auch Leclerc vorbei. Zur Verteidigung von Red Bull muss man jedoch ergänzen, dass ihnen aus strategischer Sicht die Hände ein Stück weit gebunden waren, da Red Bull mit zwei Mediums und einem harten Satz ins Rennen startete, während Mercedes nur einen Medium und zwei harte Sätze fürs Rennen parat hatte – hier wurde der Fehler schon vor Rennstart begangen. Beide Fahrer starteten auf Mediums. Da der harte Reifen tendenziell länger hält, hatte Hamilton, der zwei statt wie Verstappen nur einen harten Satz nutzen konnte, jederzeit mehr strategische Freiheiten, die Mercedes gekonnt nutzte. Red Bull machte das, was im Rahmen der Möglichkeiten das sinnvollste war. Man ließ Verstappen möglichst lange draußen, um für die späteren Stints das größtmögliche Reifendelta zu kreieren, sodass Verstappen wieder an Leclerc und Hamilton vorbeiziehen könnte, was retrospektiv natürlich nicht ganz so gut geklappt hat. Durch seine Fehler muss sich Verstappen auch ein wenig selbst an die Nase fassen, denn auch mit der schwächeren Strategie hätte er Hamilton überholen und einen Abstand rausfahren können, der ihm P3 garantiert. Dennoch dürfte die strategische Einschränkung der zweite Triggerpunkt für Verstappens Ungeduld gewesen sein.
Dass die Fehleranfälligkeit nicht primär durch Simracing, sondern durch mehrere Faktoren kommen, durch die Verstappen unter Druck geriet, scheint für mich sehr plausibel. Insbesondere, da er im Funk zunehmend emotional und verärgert klang. Letztendlich sei gesagt, dass Fehler nun mal passieren. Und auch ein sonst so schneller und weitestgehend fehlerfreier Fahrer wie Verstappen kann mal einen schlechten Tag haben. Die Fehler am Hungaroring waren keineswegs komplette Blackouts, bei denen er mit hunderten km/h Überschuss unbegrenzt in die Konkurrenz fuhr. Verstappen hat sich zwei mal verbremst, einmal mit einer Kollision als Resultat. Das passiert auch den besten Piloten, wenn sie in einer ungewohnten Situation sind, die hier vermutlich weniger durch Simracing, sondern durch Druck entstand.