Das neue F1 stößt auf viel Kritik - macht aber sau viel Spaß

Jedes Jahr erscheint ein neues Formel 1-Spiel aus dem Hause Codemasters, bzw. mittlerweile EA Sports. Auch in diesem Jahr beschert uns der Entwickler ein neues Spiel, welches im Vorfeld auf viele kritische Blicke traf. Es wurden kaum neue Features angekündigt und die meisten Änderungen erfolgten unter der Haube. Doch wie gut ist das neue Formel 1-Spiel?

Neues in der F1 Karriere

Auch wenn Änderungen auf den ersten Blick nur sporadisch vorhanden sind, gibt es dennoch Neues im Spiel. So wurden in der Karriere Cutscenes hinzugefügt, die das Geschehen ein wenig auflockern. Mit solchen werden auch “geheime Meetings” eingeleitet, die man mit anderen Teams abhält, um die Fühler nach möglichen freien Cockpits fürs nächste Jahr auszustrecken. Demnach wurde auch das Wechseln des Teams etwas mehr zu einem Event aufgewertet.

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Gewertet wird in F1 24 mehr denn je, denn nun fließt in der Karriere jede Leistung in die Fahrerwertung ein. Ist man im Training fleißig, im Qualifying schnell und im Rennen erfolgreich, erhält man für die insgesamt vier Attribute (sowie bei der Konzentration) Erfahrungspunkte und die Fahrerwertung steigt. Lässt die Leistung zu wünschen übrig, verliert man hart erarbeitete Punkte wieder und die Fahrerwertung sinkt.

Das letzte Rennen lief gut. Montoya holt damit viele Erfahrungspunkte

Ein weiteres Leveling-System wurde durch die Spezialisten implementiert. Durch Erfüllen von Aufgaben, die diese einem stellen, levelt man die jeweiligen Experten und schaltet neue Boni frei, die meist die Weiterentwicklung des Fahrzeugs begünstigen. Auch hier verliert man beim Verfehlen des Ziels wieder Punkte, die man sich zuvor erarbeiten konnte.

Die Windkanalingenieurin bietet Boni für unsere Aero-Upgrades

All diese Änderungen würde ich als nett, aber nicht revolutionär einordnen. Sie geben der Karriere etwas mehr Kontur, doch wirklich große Impulse weiterzuspielen, gaben sie mir nicht. Vermutlich, da ich mich durch extrinsische Motivationsfaktoren nur selten beeinflussen lasse. Motiviert wurde ich durch andere Aspekte des Spiels. So zum Beispiel durch das Handling. Bevor wir zu diesem kommen sei eines noch angemerkt. Der Myteam-Modus ist in seiner Relevanz nahezu genullt. Das zeigt sich beispielsweise dadurch, dass man standardmäßig nur eine einzige Myteam-Lackierung hat, die man farblich anpassen kann. Das zeigt, wie irrelevant der Myteam-Modus für F1 24 aus Sicht von EA Sports ist – aber nur eine anpassbare Lackierung? Das ist ehrlich gesagt ziemlich frech.

Die Formel 1 hat sich selten so gut angefühlt

In den vorigen Spielen haben sich die Autos meist sehr untersteuernd angefühlt. Die Formel 1- und vor allem Formel 2-Autos waren wenig reaktionsfreudig, auch bei starken und plötzlichen Lenkeingaben. Für mich waren die F2-Autos dadurch sogar unfahrbar, weil sie so träge waren. Hier macht F1 24 alles anders. Die Fahrzeuge sind super direkt und reagieren sofort und angemessen auf Lenkeingaben des Spielers – zumindest mit Lenkrad, denn dieses möchte ich bei F1-Spielen nicht mehr missen. Für mich fühlt sich das Fahrzeug nun deutlich nachvollziehbarer an als in vorigen Spielen. Jedoch ist das Einlenkverhalten nicht perfekt. Das zeigt sich, wenn Esportler am Werk sind und die direkte Lenkung übermäßig stark ausnutzen. So extrem, wie es in manchen Clips aus der Preview dargestellt wurde, ist das Problem aber definitiv nicht. An der Stelle übertreiben manche Esportler und Creator.

Auch Formel 2-Autos fühlen sich in F1 24 richtig gut an

Als Nicht-Esportler wird einen jedoch kaum etwas am Handling stören, sofern man sich an die direkte Steuerung gewöhnen kann. Für mich ist das Fahrverhalten so nachvollziehbar wie in keinem Formel 1-Spiel zuvor in der Reihe. Das neue Handling sorgt auch für engere Rad-an-Rad-Duelle. Man kann auf engstem Raum besser gegeneinander kämpfen, wenn das eigene Gefährt besser auf Lenkeingaben reagiert. Somit kann man sich gegenseitig besser Raum geben und engere Zweikämpfe denn je führen. Selbst die Formel 2-Rennen machen mit dem neuen Handling unfassbar viel Spaß. Die F2-Autos im neuen Spiel fühlen sich sogar responsiver an als die F1-Autos in vorigen Ablegern der Reihe. Auch hier wird das Racing dadurch drastisch aufgewertet.

Aus Kurven heraus hat man in F1 24 enorm viel Traktion. Das macht das Rausbeschleunigen sehr angenehm und macht qualvolle alte Zeiten wie F1 2021 oder F1 22 vergessen. Die Bremse ist hingegen deutlich anspruchsvoller geworden. Mit einem Bremsdruck von 100% sind blockierende Reifen in vielen Kurven garantiert. Auf der Bremse wird man in F1 24 sehr viel Zeit rausholen oder verlieren können. Auch das Setup könnte in diesem Jahr einen größeren Unterschied machen, da dieses mehr Einstellungsmöglichkeiten bietet.

Im Regen stimmt noch nicht alles – Bildquelle EA Sports

Es gibt jedoch ein paar Unstimmigkeiten. So ist der Sprung der Pace von nass zu trocken viel zu plötzlich. Von einer Runde auf die andere funktionieren Intermediates nicht mehr, Slicks auf einmal schon. Die Entwicklung der Pace in Bezug auf Reifen und Wasserstand auf der Strecke ist in seiner extremen Entwicklung nicht nachvollziehbar. Ebenso hat die Bremstemperatur derzeit noch keinen Einfluss auf die Reifentemperatur. Es bleibt abzuwarten, ob diese Unstimmigkeiten im Day-One-Patch behoben werden. In diesem soll auch das Handling ein wenig angepasst werden. Hoffentlich behält das Spiel dabei seine Stärken bei.

Neue Strecken, bessere KI & Multiplayer-Performance

Wie im Vorfeld angekündigt wurden einige Strecken geupdated. So haben Spa, Silverstone, Jeddah und Lusail in Qatar einen frischen Anstrich bekommen. Als Bonus ist weiterhin Portimao im Spiel, während Paul Ricard den Sprung von F1 23 auf F1 24 nicht überstanden hat. Die französische Strecke ist leider raus. Übrigens sind nun auch die Supercars weg. Diese wird man aber wohl kaum vermissen.

Das Racing macht nicht nur auf den neuen Strecken und im Multiplayer Spaß, sondern auch gegen die KI. Die Gegner verhalten sich größtenteils nachvollziehbar und bieten eine gute Möglichkeit, sich im Zweikampf in Formel 1 und Formel 2 zu üben. Die KI-Performance variiert wie gewohnt ein wenig von Strecke zu Strecke, doch mit dem KI-Guide zu F1 24 solltet ihr schnell zu eurer passenden KI-Stufe finden.

In F1 24 sind Formel 1-Autos so direkt wie nie zuvor – Bildquelle EA Sports

Im Multiplayer gibt es zu Release, wie mittlerweile gewohnt, einige Bugs. So wird mal ein Fahrzeug eine Runde nach vorne gesetzt, sodass der Rest des Feldes blaue Flaggen erhält oder die Pole Position geht an jemanden, der im Qualifying gar keine Runde gefahren ist. In Relation zu früheren F1-Releases von Codemasters ist die Online-Stabilität jedoch besser, die Fehlerdichte deutlich kleiner. Es gab Zeiten, da wurde jeder Fahrer eines Multiplayer-Rennens nach Zieleinlauf disqualifiziert. Sowas bleibt in F1 24 größtenteils aus.

Grafik und Sound

Grafisch hat sich wenig getan. Das Spiel sieht nahezu identisch zu F1 23 aus. Das klingt erstmal negativ, doch die Grafik stagniert auf einem hohen Niveau. Auch wenn ich nach wie vor der Meinung bin, dass F1 2020 auch weiterhin das schönste Formel 1-Spiel ist. Seit F1 23 hat das Spiel einen Farbfilter, der dem Spiel einen sehr künstlichen Look gibt.

Der F1 24-Farbfilter hat meiner Meinung nach zu viel rot

Für die Soundkulisse habe ich oft das Feedback bekommen, dass sich der Ferrari wohl sehr komisch anhört. Für mich ist er nicht allzu störend aufgefallen, aber ich bin beim Motorsound auch nicht allzu empfindlich. Beim Replay-Sound hingegen fällt auch mir auf, dass etwas nicht ganz stimmt. Die Idee der Entwickler ist eine gute, denn man versucht vorab aufgenommen Sounds über das Replay zu legen. Das klingt auch richtig gut, wenn das Gezeigte zum Eingespielten passt, doch genau da liegt das Problem. Oft passen die Einspieler nicht zum Gameplay und lassen die Situation eher komisch als stimmig wirken. Die Idee ist super, die Umsetzung so lala.

Abgesehen von diesen Anmerkung gibt das Spiel einen audiovisuell stimmigen Eindruck ab, setzt aber gewiss keine neuen Maßstäbe.

Lohnt sich das neue F1-Spiel?

Auch wenn sich auf den ersten Blick nur wenig verändert hat, habe ich mit dem Release von F1 24 so viel Spaß wie seit mindestens F1 2020 nicht mehr. Das Handling ist ein komplettes Novum der Reihe und fühlt sich für mich sehr authentisch an. Auch das Racing gegen KI sowie im Online-Modus macht mächtig Laune. Somit sind die elementaren Bestandteile, die ein Rennspiel ausmachen, sehr gut umgesetzt und die Motivation weiterzuspielen, ist gesetzt.

In den ersten 2 Karriere-Rennen in F1 24 hatte ich so viel Spaß wie selten zuvor in F1

F1 24 könnte in meinem persönlichen Ranking sogar F1 2017 vom Thron stoßen. Ich hoffe nur, dass der erste Patch nicht zu viel am Handling rütteln wird. Die Gefahr, dass das passiert, ist aufgrund der vehementen Kritik vieler Creator und Esportler leider recht groß. In seinem jetzigen Zustand ist F1 24 für mich ein tolles Spiel und eine absolute Kaufempfehlung, wenn man sich mit dem Handling anfreunden kann.